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Kredite sind für die Verbraucher heute fast so wichtig geworden wie Arbeitsverhältnisse. Damit hat aber auch die Überschuldung ähnliche Probleme wie die Arbeitslosigkeit bei ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert hervorgebracht. Für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung muss daher für ein allgemeiner Zugang zu verantwortlichen Krediten und den damit zusammenhängenden Dienstleistungen gewährleistet werden.
Im Augenblick sind Kreditverträge weder transparent und die Bedingungen bestenfalls verwirrend oder absichtlich irreführend. Häufig sind verschiedene Anbieter beteiligt, sehen bereits bei Abschluss hohe Gebühren für unvorhersehbare Ereignisse vor. In vielen Fällen ist mit ihnen der Kauf teurer Restschuldversicherungen verbunden. Die Folgen für Verbraucher, die diese Konsequenzen nicht absehen, können verheerend sein.
Verbraucherkredit macht das zukünftige Einkommen für gegenwärtige Bedürfnisse wie Ausgaben für Konsum, Ausbildung, Existenzgründung oder Gesundheitsvorsorge verfügbar. Hierfür und zum Ausgleich von Schwankungen im Arbeitseinkommen ist der Verbraucherkredit in der modernen Gesellschaft eine unabdingbare Basisdienstleistung, die die Teilhabe am wirtschaftlichen Leben erst ermöglicht. Die Vorteile eines Zugangs zum Kredit sind unübersehbar. Der Kredit erhöht den nationalen Wohlstand und erfüllt grundlegende Bedürfnisse der Verbraucher nach umfassender Verfügungsmacht über ihr Einkommen. Es gibt aber auch eine Schattenseite: Kredit kann Familien zerstören und den Verlust wichtiger Güter bis hin zum eigenen Haus bewirken. Die Verbreitung hochpreisiger unangepasster Kredite vertieft den Gegensatz zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft.
Solche Wirkungen treten ein, wenn Kredite allein im Interesse and größtmöglichem Gewinn zu den geringsten Kosten vergeben werden und weder Recht noch Moral, öffentliche Aufmerksamkeit, Aufsicht oder schützende Gesetze die Kreditvergabe zügeln. Geborgtes Geld verschafft selber keinen Reichtum sondern kann ihn u.U. erst ermöglichen. Menschen mit geringem Einkommen können durch Gier, Wucher, Ausbeutung und unverantwortliche Kreditpraktiken lebenslang sich in Verschuldung verstricken. Diese Einsicht ist Teil der Europäischen Rechtskultur die Wucher, sittenwidrige Kreditvergabe, Ausbeutung der Not, Zinseszins verboten oder eingeschränkt hat und zugleich mit den Prinzipien der Rücksichtnahme, von Treu und Glauben sowie mit Pfändungsschutz sowie Schuldbefreiung Grenzen definiert hat.
Kredit investiert entweder unmittelbar in unsere Fähigkeit Einkommen zu erzielen (Ausbildung und Existenzgründung), eine Familie zu gründen oder sich zu erholen und seine Gesundheit wiederherzustellen oder finanzielle Engpässe im Leben zu überwinden. Private Profitmaximierung und das Vertrauen auf eine unsichtbare Steuerung durch den Markt führten weder bei Krediten an die Dritte Welt noch an die ärmeren Schichten historisch zu ausreichendem Schutz. Kreditvergabe an Verbraucher und Kleinunternehmer braucht daher ein regelndes Korsett, das gewährleistet, dass die gesteckten Ziele auch erreicht werden. Der Markt begünstigt die Besserverdienenden und belastet die Ärmeren mit höheren Risiken und kleineren Beträgen.
Wenn die Europäische Union, die sich auf Grund von Art. 152 des Maastrichter Vertrages ebenso wie im neuen Verfassungsentwurf zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zur Abwehr sozialer Diskriminierungen bekennt, sich in ihrer praktischen Politik für eine einseitige Öffnung der Märkte zugunsten der größten, einflussreichsten (manchmal aber rücksichtslosesten) Finanzdienstleister entscheidet und keinen Respekt vor der Vielfalt nationaler Verbraucher- und Schuldnerschutzkulturen hat, so bedroht sie damit die Idee eines geeinten Europas, das die produktive Nutzung von Kredit unter Einschluss sozialer Interessen verlangt
Die aktuellen Entwürfe der Verbraucherkreditlinie zum Kredit allgemein sowie der Zahlungsverkehrsrichtlinie zum Kreditkartenkredit bedrohen die Kreditkultur in Europa, indem sie autoritativ den Verkauf von Finanzdienstleistungen in allen Mitgliedsstaaten ermöglichen wollen, die die unteren Bevölkerungsschichten besonders belasten und ausbeuten. Die Direktive enthält praktisch keine wirksamen Verbraucherschutz mehr und akzeptiert auch nicht die bestehenden Schutzmechanismen in den Mitgliedsstaaten und führt mit dem Prinzip der Heimatlandkontrolle für Anbieter und der Maximalharmonisierung fremde Rechtsordnungen in den Absatzländern ein.
Die nachfolgend aufgeführten Rechtsprinzipien sollen verdeutlichen, wie die kulturelle Vielfalt, das Prinzip sozialer Rücksichtnahme, die „guten Sitten“ sowie „Treu und Glauben“, wie sie das gemeine Recht einmal europaeinheitlich entwickelte, sich in einer verantwortlichen Regelung zum Europäischen Verbraucherkreditrecht niederschlagen müssten. Vergleicht man diese Prinzipien mit dem aktuellen Entwurf der Kommission zur Konsumentenkreditrichtlinie, so fällt auf, dass zumindest die Kommission ein sehr anderes Verständnis für ein geeintes Europa hat.
Created: 04/06/07. Last changed: 30/03/09.
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