FIS Money Advice
 
  
           
 
  

"Banken in ihrer Region" Die Straßburg-Deklaration 1996

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Finanzinstitutionen, insbesondere Banken und Versicherungsgesellschaften, erfüllen unverzichtbare Funktionen für die Gesellschaft:

  • wirtschaftliche Kommunikation durch ein Zahlungssystem für alle Mitglieder der Gesellschaft (Bankkonto, Kreditkarten, Bargeld, Electronic Banking, Kapitaltransfer etc.),
  • Übernahme von Verantwortung innerhalb der Systeme zur Sicherung der Spareinlagen für die private Altersvorsorge und für Ausbildungskosten der Kinder
  • Bereitstellung von Krediten
    • zum Bau von Häusern und Wohnungen (Hypothekenkredite, Bausparverträge),
    • für die Versorgung mit Gütern, die Vorauszahlungen erfordern (Verbraucherkredit),
    • zu Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen durch Existenzgründungsfinanzierungen,
    • für die Finanzierung von Institutionen im Bereich der Gesundheitsvorsorge, Erziehung und Fürsorge (Social Economy), welche bisher vom Staat getragen wurden,
  • Evaluation von Risiko und Instrumente der Risikoteilung in einer Gesellschaft, welche zunehmend den Einzelnen mit Risiken belastet, die er alleine nicht tragen kann.

Banken und Versicherungen sind gesellschaftlich so bedeutsam, daß ihre wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Privilegien weitgehend akzeptiert werden:

  • Für viele Finanzdienstleistungen gibt es ein Monopol der Banken und Versicherungen.
  • Staaten sichern ein gesundes und profitables nationales Bankensystem.
  • Der Staat stellt das notwendige Rechtssystem, um Finanzinstitutionen vor Schäden zu schützen und eine Rückzahlung des verliehenen Kapitals zu sichern.
  • Der Staat schafft die Voraussetzungen für angemessene und sichere Auslandsinvestitionen und erleichtert damit seinen nationalen Kreditinstituten die Expansion in neue Märkte.

Einige, aber zu wenige Finanzdienstleister reagieren auf dieses große öffentliche Vertrauen, indem sie Verantwortung für eine gleichberechtigte Versorgung aller Menschen mit Kapital, Möglichkeiten der Spareinlagen und Zahlungssysteme sowie der Versicherung gegen Risiken übernehmen. Diese Finanzdienstleister

  • bieten angepaßte Produkte für Menschen mit niedrigem Einkommen,
  • bieten ein ausreichendes Dienstleistungsangebot in allen ländlichen Regionen und Stadtteilen,
  • ermöglichen die wirtschaftliche Reintegration von Überschuldeten,
  • helfen mit, strukturschwache Gebiete durch adäquate Finanzierungsprogramme für Wohnungsbau und Anschubfinanzierungen zu revitalisieren,
  • suchen den Kontakt mit Bürgerinitiativen und Repräsentanten von Organisationen, die sich mit sozialen Problemen und Stadtentwicklung beschäftigen.

Die Teilnehmer der Straßburg-Konferenz "Europäische Währungsunion und regionale Verantwortung von Finanzinstituten gegenüber dem Verbraucher" geben ihrer Sorge Ausdruck, daß ohne eine angemessene Berücksichtigung seitens der europäischen Institutionen der Prozeß der Währungsunion bestimmte Entwicklungen der ungleichen Versorgung mit Finanzdienstleistungen in benachteiligten Regionen, Stadtteilen und von Verbrauchern verstärken wird.

  • Größere Märkte tendieren grundsätzlich dazu, die Kapitalversorgung in immer weniger, dafür um so lukrativeren Profit-Centern zu konzentrieren. Im Prozeß der Europäischen Einigung steigen die Freiheiten und Geschäftsmöglichkeiten der Banken und Versicherungen. Dies führt zu steigendem Wettbewerb um die besten Kunden.
  • Der Druck hin zu kurzfristig höherer Rentabilität führt zu einer Konzentration auf besonders prosperierende Länder, Regionen und Konsumenten. Die Geschäfte in Problemgebieten, vor allem in den Ballungszentren der Großstädte, können die hohen Rentabilitätsanforderungen nicht erfüllen und werden in verringertem Maße versorgt.
  • In den Regionen selbst gibt es weniger Möglichkeiten zur Intervention, da die bisherige nationale Kontrolle an internationale Organe abgegeben wird.
  • Die Eröffnung regionaler Märkte für externe Anbieter durch electronic banking ermöglicht international operierenden Finanzinstitutionen, sich “die Rosinen herauszupicken” und die weniger lukrativen Geschäfte den lokal präsenten Instituten zu überlassen.
  • Die enormen Regulierungsanstrengungen, die in den EU-Direktiven und Empfehlungen zu Finanzdienstleistungen sichtbar werden, konzentrieren sich auf die Liberalisierung und Abschaffung des Protektionismus. Die Probleme einer möglichen Unterversorgung mit Finanzdienstleistungen werden von den gesetzgebenden Organen nicht ausreichend berücksichtigt. Speziell solche Entwicklungen, die der Liberalisierung des amerikanischen Finanzmarktes folgten und die zu einem Eingreifen des Staates führten (Community Reinvestment Act, Home Mortgage Disclosure Act und Equal Credit Opportunity Act) werden nicht ausreichend untersucht.
  • Die vielfach publizierten Studien über den Gemeinsamen Europäischen Markt hinsichtlich der "Kosten des Nicht-Europa" konzentrieren sich auf den möglichen Nutzen einer Liberalisierung der Finanzmärkte, lassen jedoch mögliche Gefahren außer acht.

Wir fordern die Teilnehmer der Finanzmärkte auf, sich an einer Diskussion darüber zu beteiligen, wie eine gleichberechtigte und adäquate Versorgung mit Finanzdienstleistungen in der Europäischen Union nach 1999 garantiert werden kann.

Ein Beitrag der Anbieter von Finanzdienstleistungen könnte dabei sein:

  • die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit zu untersuchen,
  • ihren Kunden durch Bereitstellung von geeigneten Investitionsmöglichkeiten anzubieten, Verantwortung für ihre Region zu übernehmen,
  • Strategien zur Vermeidung von wirtschaftlichem Niedergang zu entwickeln.

Europäische und nationale Institutionen sollten diesen Prozeß begleiten und geeignete Strategien entwickeln, um die innovativen und sozial verantwortlich handelnden Finanzdienstleister zu unterstützen.

 

  
           
    Erzeugt: 19.07.06. Letzte Änderung: 19.07.06.
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